Heuristiken sind einfache, erfahrungsbasierte Regeln oder Daumenregeln, die bei der Entscheidungsfindung oder Problemlösung unterstützen. Im UX-Design beziehen sie sich auf allgemeine Prinzipien, die die Benutzerfreundlichkeit von Schnittstellen bewerten und verbessern helfen.
Bedeutung von Heuristiken im UX-Design
Heuristiken dienen als wertvolle Leitlinien für Designerinnen und Designer, um potenzielle Usability-Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben, bevor sie in Benutzerstudien oder im realen Einsatz auftreten. Sie ermöglichen es, Schwachstellen in einer Benutzeroberfläche effizient zu identifizieren, ohne dass dafür umfangreiche und zeitaufwendige Usability-Tests erforderlich sind.
Die Anwendung von Heuristiken trägt dazu bei, dass UX-Designerinnen und UX-Designer die Nutzererfahrung sowohl effektiv als auch effizient gestalten. Durch die Reduktion der mentalen Belastung der User, eine intuitivere Interaktion mit dem System und eine gesteigerte Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer, fördern sie die Optimierung von digitalen Produkten und Dienstleistungen.
Bekannte Heuristiken im UX-Design
Im Bereich des UX-Designs gibt es mehrere weit verbreitete Heuristiken, die als Standard gelten. Die bekanntesten sind die 10 Usability-Heuristiken von Jakob Nielsen. Diese umfassen unter anderem Prinzipien wie „Sichtbarkeit des Systemstatus“, „Übereinstimmung zwischen System und realer Welt“ und „Fehlervermeidung“. Sie sind ein unverzichtbares Werkzeug, um die Benutzerfreundlichkeit von Interfaces zu bewerten und zu verbessern.
Anwendungsbeispiele aus anderen Bereichen
Heuristiken in der Psychologie
In der Psychologie spielen Heuristiken eine große Rolle bei der Erforschung menschlicher Entscheidungsprozesse. Menschen nutzen oft einfache, intuitive Regeln, um komplexe Probleme zu lösen oder schnelle Entscheidungen zu treffen. Zwei bekannte Beispiele sind:
- Verfügbarkeitsheuristik: Diese Heuristik besagt, dass Menschen dazu neigen, die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen basierend auf der Leichtigkeit, mit der sie sich an ähnliche Ereignisse erinnern können, einzuschätzen. Beispielsweise könnten Menschen die Gefahr von Flugzeugabstürzen überschätzen, wenn sie kürzlich von einem Absturz in den Nachrichten gehört haben, obwohl Flugzeugabstürze sehr selten sind.
- Ankerheuristik: Hierbei wird die Entscheidungsfindung durch einen anfänglichen Referenzpunkt oder „Anker“ beeinflusst. Ein klassisches Beispiel ist das Feilschen beim Einkaufen: Wenn der Verkäufer einen hohen Preis nennt, neigen Käuferinnen und Käufer dazu, ihre Gegenangebote höher zu machen, als sie es ohne den Anker getan hätten.
Heuristiken in der Medizin
In der Medizin helfen Heuristiken Ärztinnen und Ärzten dabei, unter Unsicherheit schnelle Entscheidungen zu treffen. Diese Regeln basieren oft auf langjähriger Erfahrung und der schnellen Erkennung von Mustern:
- Erkennungsheuristik: Ärztinnen und Ärzte könnten bei der Diagnose eine Krankheit bevorzugt in Betracht ziehen, wenn sie bereits häufiger ähnliche Symptome gesehen haben. Dies beschleunigt den Diagnoseprozess, kann aber auch zu Fehldiagnosen führen, wenn seltene Krankheiten übersehen werden.
- Cognitive Heuristics: In der Notfallmedizin verwenden Fachkräfte einfache Entscheidungsregeln, um schnell lebenswichtige Maßnahmen zu ergreifen. Zum Beispiel könnte bei einem Patienten mit starken Brustschmerzen sofort ein EKG gemacht werden, um einen Herzinfarkt auszuschließen, bevor andere Ursachen in Betracht gezogen werden.
Heuristiken in der Wirtschaft
Auch in der Wirtschaft sind Heuristiken weit verbreitet, besonders in der Entscheidungsfindung und im Risikomanagement:
- Regel des „Daumens“ (Rule of Thumb): Diese Heuristik wird oft in der Investitionsentscheidung verwendet. Ein Investor könnte beispielsweise eine einfache Regel haben, dass er oder sie nur in Unternehmen investiert, deren jährliches Gewinnwachstum mindestens 10 % beträgt.
- Gewinnmaximierung durch einfache Regeln: Unternehmen könnten Heuristiken nutzen, um komplexe Probleme wie Preisgestaltung oder Marktstrategien zu vereinfachen. Eine Firma könnte beispielsweise beschließen, ihre Produkte immer um 10 % teurer als die Konkurrenz anzubieten, um einen Premium-Markenstatus zu erhalten.