Learning-Experience-Design (LXD) und User-Experience-Design (UXD) sind ohne Zweifel kreative Disziplinen. Und tatsächlich bedient sich LXD vieler grundlegender Prinzipien, die auch im UXD angewandt werden. Zusammen mit weiteren kreativen Designprinzipien wie Interaktion-Design, Game-Design und Grafik-Design formt UXD damit die Wurzeln von LXD.
Schaut man sich den allgemeinen Designprozess von UX-Designer:innen an, dann ähnelt er denen von LX-Designer:innen in vielerlei Hinsicht: Beide Disziplinen nutzen Recherchen, Prototyping und Nutzertests. Genauso werden häufig iterative Ansätze verfolgt (wie so ein iterativer Prozess abläuft, kannst Du in der Dokumentation zum Projekt MentorHero genauer anschauen). Somit könnte man meinen, dass UXD und LXD nahezu identisch sind. Doch das stimmt nicht.
Nutzer versus Lernender
Meine wichtigste Lesson Learned als Designer ist: „You are not your user.“ Und das Gleiche gilt im LXD: „You are not the learner.“ Soll heißen: Glaube niemals, dass Du weißt, was der Nutzer oder Lerner braucht oder möchte. Und gleichzeitig ist ein Lernender kein Nutzer. Ihre Bedürfnisse und Ziele sind vollkommen unterschiedlich:
A user wants to watch a movie. A learner wants to speak a foreign language.
– Niels Floor (LXD.org)
Die Bedürfnisse zu recherchieren und abzubilden, kann ganz ähnlich aussehen: So werden etwa Personas erstellt, die sowohl im UXD als auch im LXD wertvolle Hilfestellung leisten.
Wenn wir aber Nutzer- und die Lerner-Personas vergleichen, fällt auf, dass sie zwar ähnlich strukturiert sind, allerdings unterschiedliche Inhalte haben: Für einen Lernenden etwa werden Ebenen der kognitiven, sozialen, physischen und emotionalen Entwicklung eingeschlossen.
Beide Bereiche, UXD und LXD, nutzen Erkenntnisse der kognitiven Psychologie, um zu verstehen, was Menschen motiviert und warum sich Menschen wie entscheiden. Offensichtlich ist aber: Nutzer sind mit ganz anderen Wahlmöglichkeiten konfrontiert als Lernende.
Gleichzeitig sind die Entscheidungen von Lernenden und Usern nur schwer zu vergleichen. Nehmen wir als Beispiel ein einjähriges Training: Während dieser Zeit durchläuft ein Lernender einen komplexen psychologischen Prozess, während dem die Motivation stark variieren kann. Zu verstehen, was ein Lernender während dieser Phasen durchmacht und eine Learning-Experience anzubieten, die motiviert und stärkt, ist ein Hauptaspekt für erfolgreiches LXD.
Experience versus Experience
UX fokussiert auf die Interaktion eines Nutzers mit einem Produkt oder Service. In der Regel sind das digitale, also Online-Erfahrungen.
LXD hingegen hat einen sehr breiten Anwendungsbereich. Denn bekanntermaßen gibt es zahlreiche Wege, um zu lernen: Während die eine etwa mit einer VR-Brille eine Simulation durchführt, arbeitet der andere ein gedrucktes Lernskript durch. Und das sind nur zwei der zahlreichen Möglichkeiten, wie Lernenden sich Wissen aneignen.
Das zeigt: Learning-Experiences sind wesentlich komplexer und variantenreicher.
Einfach versus herausfordernd
Das Hauptziel von UX-Designer:innen ist es, eine Nutzungserfahrung zu erschaffen, die so einfach wie möglich ist. Eine gute UX geht mühelos von der Hand.
Die Essenz von Lernen ist es, sich herauszufordern, vorherige Fähigkeiten zu übertreffen und zu wachsen. Diese Herausforderungen sind standardmäßig schwer. Denn wenn es einfach ist, wird man nicht wirklich etwas lernen. Persönliches Wachstum ist ein kontinuierlicher und herausfordernder Prozess und als LX-Designer:in gehört es zu den Aufgaben, das richtige Level an Herausforderung zu liefern: Ist die Herausforderung zu groß, folgt Frustration. Ist sie zu gering, folgt Langeweile.
Lernen versus Lernender
Also gut: Wenn LXD so eng mit UXD verwandt ist, warum nennen wir es dann nicht Lerner Experience Design? Die Antwort ist einfach: Weil eine Learning Experience nicht nur für Lernende designt wird, sondern für alle am Lernprozess Beteiligten.
Klar: Der Lernende steht im Fokus. Aber wir sollten auch die Lehrer, Trainer, Experten, Kolleg:innen, Kund:innen und Eltern nicht vergessen – oder alle anderen, die an der Lernerfahrung beteiligt sind.
Dieser Beitrag wurde inspiriert durch einen Artikel von Niels Floor „Learning Experience Design vs User Experience Design“ auf LXD.org
Foto: Valeriia Miller von corelens (canva.com)