Was ist Design Thinking?
Bevor wir uns den konkreten Techniken widmen, lohnt sich ein kurzer Blick auf den Design-Thinking-Ansatz selbst. Design Thinking ist ein menschenzentrierter Ansatz zur Problemlösung, der Kreativität mit strukturierten Prozessen verbindet. Entwickelt und populär gemacht wurde er unter anderem von IDEO und der d.school der Stanford University. Sein Ziel: Produkte, Services und Erlebnisse zu schaffen, die echte Nutzerbedürfnisse adressieren.
Der Prozess folgt 5 Phasen:
1. Empathize – Nutzer und ihre Bedürfnisse verstehen
2. Define – Das Problem klar formulieren
3. Ideate – Ideen entwickeln
4. Prototype – Lösungen greifbar machen
5. Test – Feedback einholen und verbessern
Besonders wichtig ist, dass Empathie am Anfang steht – denn sie bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte. Ohne sie besteht die Gefahr, dass Produkte entstehen, die an den tatsächlichen Bedürfnissen der User vorbeigehen.
Warum ist Empathie im Design Thinking so wichtig?
Viele Produkte scheitern nicht an der Technik, sondern daran, dass sie nicht aus Nutzersicht gedacht wurden.
Genau hier kommt Empathie ins Spiel. Sie bedeutet, sich in die User hineinzuversetzen, ihre Frustrationen zu spüren und ihre echten Bedürfnisse zu erkennen. Dabei geht es nicht um bloße Annahmen, sondern um echtes Zuhören und Beobachten. Doch wie genau gelingt das?
10 Techniken, um Empathie mit den Usern zu entwickeln
Um Empathie nicht nur als Design-Thinking-Konzept, sondern als konkreten Schritt in deinen Designprozess zu integrieren, kannst du auf verschiedene Methoden zurückgreifen.
Hier sind 10 bewährte Techniken, die dir helfen, deine Nutzer wirklich zu verstehen.
1. User Interviews – direkt von den Nutzern lernen
Eine der einfachsten und wirkungsvollsten Methoden sind User Interviews. Dabei geht es darum, echte Nutzerinnen und Nutzer direkt nach ihren Erfahrungen, Herausforderungen und Wünschen zu fragen. Offene Fragen helfen, tiefere Einblicke zu gewinnen:
- „Wie löst du aktuell dieses Problem?“
- „Was war dein frustrierendstes Erlebnis mit einem ähnlichen Produkt?“
Wichtig ist, dass du nicht zu schnell interpretierst oder bewertest. Lass die Nutzer erzählen – oft kommen die wertvollsten Erkenntnisse erst nach einer kurzen Pause.
2. Field Studies & Observation – Nutzer im Alltag beobachten
Doch nicht immer sagen Menschen genau das, was sie tatsächlich tun. Deshalb lohnt es sich, Nutzer in ihrem Alltag zu beobachten. In Field Studies (Feldstudien) siehst du, wie sie mit einem Produkt oder einer Situation umgehen – ohne dabei einzugreifen.
Ein gutes Beispiel kommt aus der Lebensmittelbranche: UX-Designer beobachteten Bäcker bei der Arbeit und stellten fest, dass sie ungern Touchscreens nutzen, weil sie mehlige Hände haben. Die Lösung? Hardware-Buttons statt Touch-Eingaben.
3. Extreme Users – Von Power-Usern und Randgruppen lernen
Eine weitere Möglichkeit, blinde Flecken zu vermeiden, ist das Einbeziehen sogenannter Extreme Users. Dazu gehören sowohl Power-User, die ein Produkt intensiv nutzen, als auch Gelegenheitsnutzer, die nur selten damit in Berührung kommen.
Gerade von diesen extremen Nutzergruppen lassen sich oft unerwartete Einsichten gewinnen, die das Design verbessern.
4. The “5 Whys” – immer tiefer graben
Wenn Nutzer ein Problem beschreiben, liegt die eigentliche Ursache oft tiefer. Mit der „5 Whys“-Methode kommst du der Wurzel des Problems auf den Grund.
Ein Beispiel:
- Warum nutzt du die App nicht? – „Sie ist zu kompliziert.“
- Warum ist sie kompliziert? – „Zu viele Funktionen.“
- Warum gibt es zu viele Funktionen? – „Wir wollten alles abdecken.“
- Warum wolltet ihr alles abdecken? – „Weil wir die User nicht befragt haben.“
- Warum habt ihr die User nicht befragt? – „Wir dachten, wir wissen, was sie brauchen.“
Das Ergebnis: Statt mehr Features braucht die App eine bessere Struktur.
5. Bodystorming – Selbst erleben, was Nutzer durchmachen
Noch intensiver als reine Beobachtung ist Bodystorming – eine Technik, bei der du die Situation selbst nachspielst.
Ein Team, das eine App für Krankenhauspersonal entwickelte, simulierte eine Notaufnahme: inklusive Hektik, Handschuhen und schlechter Beleuchtung. Dadurch wurde klar, dass die App große, kontrastreiche Buttons brauchte, um auch in Stresssituationen bedienbar zu bleiben.
6. Cultural Probes – Einblicke in den Alltag der Nutzer
Nicht alle Probleme lassen sich in einem kurzen Test beobachten. Mit Cultural Probes können Nutzer über mehrere Tage hinweg Tagebücher führen, Fotos machen oder Sprachnachrichten aufnehmen. So entstehen tiefere Einblicke in ihren Alltag und ihre Denkweise.
7. Journey Mapping – Die gesamte Nutzererfahrung visualisieren
Eine Journey Map hilft, die gesamte User Experience systematisch zu erfassen. Sie zeigt, welche Schritte Nutzer durchlaufen, wo sie frustriert sind und wo es Verbesserungspotenzial gibt.
8. Empathy Maps – Gedanken und Gefühle der Nutzer strukturieren
Eine Empathy Map fasst 4 zentrale Aspekte zusammen
- Sagen – Was sagt der Nutzer?
- Denken – Was geht ihm wirklich durch den Kopf?
- Fühlen – Welche Emotionen hat er dabei?
- Tun – Wie verhält er sich tatsächlich?
So lassen sich Widersprüche zwischen dem, was Nutzer sagen, und dem, was sie tun, schnell aufdecken.
9. Co-Creation Sessions – Nutzer ins Design einbinden
Warum nicht direkt mit den Usern gemeinsam gestalten? Co-Creation Sessions binden sie aktiv in den kreativen Prozess ein. Das sorgt nicht nur für frische Ideen, sondern auch für Lösungen, die wirklich gebraucht werden.
10. Usability Testing – Früh testen, statt später scheitern
Und schließlich: Usability Testing. Egal wie gut dein Konzept ist – teste es mit echten Nutzern. Achte dabei nicht nur auf ihre Aussagen, sondern auch auf Körpersprache und Reaktionen.
Fazit
Empathie ist kein einmaliger Schritt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Je besser du die echten Bedürfnisse deiner Nutzer verstehst, desto besser wird dein Design.
Design Thinking ist keine Magie – aber wenn du diese 10 Techniken anwendest, wirst du Produkte entwickeln, die wirklich einen Unterschied machen.
Interessante Links
- IDEO. Design Thinking Ressources: Eine umfangreiche Ressourcensammlung




