Empathy Mapping: Nutzerzentrierung im E-Learning

Empathy Mapping ist ein unverzichtbares Werkzeug im UX-Design, um User wirklich zu verstehen. Gerade im Kontext von E-Learning kann es helfen, Lernplattformen zu entwickeln, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werden. Aber was genau steckt hinter diesem Konzept?
Inhalt

Was ist Empathy Mapping?

Empathy Mapping ist eine Methode, um die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer detailliert nachzuvollziehen. Entwickelt wurde das Konzept von Dave Gray, einem Experten im Bereich Design und Innovation.

Die Grundidee ist simpel: Indem wir versuchen, uns in die Lage unserer User zu versetzen, können wir besser verstehen, was sie wirklich brauchen. Und das ist besonders im UX-Design von unschätzbarem Wert.

Aber warum ist Empathy Mapping so wichtig? Im Gegensatz zu klassischen Nutzerdaten wie Alter oder Herkunft konzentriert sich dieses Tool darauf,

  • wie sich Menschen fühlen,
  • was sie sehen,
  • hören,
  • denken und sagen.

Es geht darum, die psychologische und emotionale Tiefe der User zu erfassen, um gezielt Lösungen zu entwickeln, die über technische Aspekte hinausgehen. Vor allem im E-Learning, wo Interaktionen oft indirekt und anonym sind, wird dieses Verständnis essenziell.

Empathy Mapping im Kontext von E-Learning

Gerade im E-Learning stehen UX-Designer:innen vor besonderen Herausforderungen. Die Lernenden sind oft physisch weit entfernt, und der persönliche Austausch, der in klassischen Lernumgebungen selbstverständlich ist, fällt weg. Wie also schaffen wir es, dass sich die Nutzerinnen und Nutzer trotzdem verbunden fühlen und eine motivierende Lernerfahrung machen?

Hier kommt das Empathy Mapping ins Spiel. Es hilft dabei, die verschiedenen Perspektiven von Usern zu erfassen – seien es Lernende, Dozent:innen oder Administrator:innen. Jede:r von ihnen hat unterschiedliche Bedürfnisse, Erwartungen und Herausforderungen.

Lernende könnten zum Beispiel frustriert sein, weil sie nicht wissen, wie sie durch das System navigieren sollen, während sich die Dozierenden Sorgen machen, ob ihre Inhalte auch wirklich bei den Lernenden ankommen.

Durch den Einsatz einer Empathy Map kannst du diese unterschiedlichen Sichtweisen greifbar machen und darauf aufbauend bessere Nutzererlebnisse schaffen.

Wie hängt Empathy Mapping mit Personas zusammen?

Empathy Maps und Personas sind eng miteinander verbunden und ergänzen sich perfekt im UX-Design-Prozess. Beide Methoden haben das Ziel, die User besser zu verstehen, sie tun dies jedoch auf unterschiedliche Art und Weise.

Personas: Der Ausgangspunkt für Nutzerprofile

Personas sind fiktive, aber auf Daten basierende Darstellungen typischer Nutzergruppen. Sie geben dir ein klares Bild davon, wer deine Zielgruppe ist – mit Informationen wie demografischen Daten, Zielen, Herausforderungen und Verhaltensweisen.

Ein Beispiel für eine Persona könnte so aussehen: „Anna, 35 Jahre alt, Lehrerin, nutzt die Plattform zur beruflichen Weiterbildung und hat wenig technisches Vorwissen.“ Diese Informationen sind wertvoll, um das große Ganze zu erfassen: Wer nutzt deine Plattform und welche Probleme sollen gelöst werden?

Empathy Maps: Tieferes emotionales und kognitives Verständnis

Empathy Maps gehen noch einen Schritt weiter. Sie helfen dir, das emotionale und kognitive Erleben der Persona zu erfassen. Statt nur zu wissen, dass Anna die Lernplattform nutzt, kannst du dir überlegen, was sie während der Nutzung tatsächlich sieht, hört, denkt und fühlt sowie sagt und tut.

Ein Beispiel:

  • Sehen: „Anna sieht eine überladene Lern-Plattform mit unklaren Anweisungen.“
  • Hören: „Anna bekommt von Kolleginnen widersprüchliche Ratschläge.“
  • Denken und Fühlen: „Anna fühlt sich überfordert und glaubt, nicht technisch versiert genug zu sein.“
  • Sagen und Tun: „Anna äußert Frustration gegenüber ihren Kolleginnen und verbringt viel Zeit damit, nach Lösungen zu googeln.“
© Interaction Design Foundation unter der Lizenz CC BY-SA 4.0

Mit diesen zusätzlichen Erkenntnissen wird klarer, welche Aspekte der Benutzererfahrung besonders wichtig sind und wo Optimierungen notwendig sind.

Wie sie zusammenarbeiten

Zusammen bilden Personas und Empathy Maps ein starkes Duo im UX-Design:

  • Personas geben den Rahmen vor: Sie stellen sicher, dass das Design auf die richtige Zielgruppe ausgerichtet ist.
  • Empathy Maps vertiefen das Verständnis: Sie erweitern die Persona, indem sie die emotionalen und mentalen Zustände der Nutzeraufzeigen. Das führt zu präziseren Designentscheidungen, die die tatsächlichen Bedürfnisse besser adressieren.

Im Ergebnis helfen beide Methoden, ein vollständiges und detailliertes Bild der User zu erstellen, was für die Gestaltung von Online-Lernplattformen besonders wichtig ist. Mit der Persona weißt du, wer deine User sind. Mit der Empathy Map verstehst du, wie sie denken und fühlen – und genau das ist der Schlüssel, um eine ansprechende und effektive User Experience zu schaffen.

Wie erstellt man eine Empathy Map?

Eine Empathy Map besteht klassischerweise aus vier Quadranten: Sehen, Hören, Denken und Fühlen sowie Sagen und Tun. Hier ein Überblick, wie du diese Quadranten speziell für das Online-Lernen einsetzen kannst:

  • Sehen: Was sehen die Nutzerinnen und Nutzer auf der Plattform? Zum Beispiel: eine überwältigende Menge an Lernmaterialien ohne klare Struktur.
  • Hören: Welche Informationen bekommen die User? Vielleicht werden die Lernenden von Dozentoder Mitstudierenden mit widersprüchlichen Aussagen konfrontiert.
  • Denken und Fühlen: Was denken und fühlen die User? EinLernendekönnte sich überfordert oder demotiviert fühlen, wenn erkeine Fortschritte sieht.
  • Sagen und Tun: Was sagen die Nutzerund wie verhalten sie sich? Zum Beispiel: EinLernendegibt auf, bevor erüberhaupt den zweiten Kurs besucht hat.

Die Empathy Map macht es dir als UX-Designer:in einfacher, User-Probleme zu identifizieren und gezielt darauf zu reagieren. Sie ist außerdem ein hilfreiches Tool, um Annahmen im Team zu überprüfen und zu hinterfragen.

Tipps zur erfolgreichen Anwendung

Damit Empathy Mapping im UX-Prozess wirklich effektiv ist, gibt es ein paar bewährte Praktiken:

  1. In Workshops arbeiten: Hol dir Stakeholder, wie etwa Dozentinnen oder Support-Mitarbeitende ins Boot. So bekommst du ein umfassenderes Bild von den Bedürfnissen der Nutzer.
  2. User direkt einbeziehen: Interviews oder Umfragen helfen, die echten Probleme deiner Zielgruppe zu verstehen. Nutze diese Daten, um die Empathy Map zu füttern.
  3. Regelmäßig aktualisieren: Die Bedürfnisse der User ändern sich mit der Zeit. Überarbeite die Map daher immer wieder, besonders wenn du neue Features entwickelst.

Mithilfe von Tools wie Miro oder Mural, kannst Du Empathy Maps auch problemlos in virtuellen Workshops erstellen. Dazu gibt es zahlreiche Templates, mit denen du arbeiten kannst. Du musst das Rad also nicht neu erfinden.

Best Practices für Empathy Mapping im UX

Eine der großen Stärken des Empathy Mapping liegt darin, dass es nicht nur für UX-Designer selbst nützlich ist, sondern auch für die Zusammenarbeit mit anderen Teams. Gerade bei Online-Lernplattformen, die oft von interdisziplinären Teams entwickelt werden, ist es eine Herausforderung, alle Beteiligten – von den Entwickler:innen über die Lehrenden bis hin zu Administrator:innen – auf ein gemeinsames Ziel zu fokussieren.

Durch Empathy Maps kannst du sicherstellen, dass alle Teammitglieder die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer verstehen und darauf aufbauen. Indem du z. B. beim Kick-off-Meeting eine Empathy Map präsentierst, schaffst du eine gemeinsame Basis und kannst Missverständnisse vermeiden.

Ein weiterer Vorteil: Die Map kann regelmäßig überarbeitet werden, um Feedback-Schleifen zu ermöglichen. Wenn du zum Beispiel nach dem ersten Launch der Lernplattform feststellst, dass einige User Schwierigkeiten mit der Navigation haben, kannst du diese Probleme gezielt in die Map aufnehmen und iterativ Lösungen entwickeln.

Fazit

Empathy Mapping ist ein mächtiges Werkzeug, das im UX-Design von E-Learning nicht fehlen sollte. Es hilft, die Bedürfnisse und Gefühle der User besser zu verstehen und dadurch eine Lernerfahrung zu schaffen, die motiviert und nachhaltig ist. Indem du die Perspektiven deiner User erforschst und immer wieder anpasst, kannst du sicherstellen, dass dein Design nicht nur funktional, sondern auch emotional ansprechend ist – und genau das ist der Schlüssel zum Erfolg.


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