PDF im Web: Fluch oder Segen für Online-Leser?

Erfahre hier, welche Gedanken Du Dir machen solltest, bevor Du Deinen User:innen im Web ein PDF zur Verfügung stellst.
Inhalt

Wer seine User zwingt, online PDF-Dateien statt HTML zu lesen, sorgt damit nicht nur für Frustration. Verglichen mit Webseiten werden Aufgaben auch wesentlich langsamer erledigt. Deshalb solltest Du PDF-Dateien nur dann verwenden, wenn Deine User:innen den Inhalt ausdrucken wollen. Was Du dabei beachten solltest, erfährst Du in diesem Beitrag – inspiriert durch die Untersuchungen und Publikationen der Nielsen Norman Group.

Warum Du im Web auf das PDF-Format verzichten solltest

PDFs sind nativ dafür gedacht, ausgedruckt zu werden. Das heißt: Sie wurden für ein bestimmtes Papierformat optimiert, nicht für Desktop-PCs oder mobile Endgeräte. Genau für diesen Zweck, den Ausdruck, sind sie ideal, denn die Inhalte werden linear dargestellt.

Aus Usability-Perspektive für Online-Leser ist das allerdings eine Katastrophe, denn die PDFs können im Web zwar durchsucht werden, Nutzer:innen verlieren sich aber häufig in der Vielzahl an Seiten. Oder wie es Nielsen & Kaley beschreiben: „Users get lost in PDFs because the print-oriented view provides only a small glimpse of the content.“

Weiterer Nachteil von PDFs, die im Internet publiziert werden: Da sie keine dedizierte Navigation haben, fehlt den Lesern häufig die Möglichkeit, sich schnell durch die Inhalte zu bewegen. Zwar ist der Inhalt mithilfe der Tastenkombination STRG-F durchsuchbar, viele Nutzer:innen kennen oder nutzen diese Option aber nicht. Schau Dir etwa diesen Beitrag an: Oben findest Du ein Inhaltsverzeichnis (Table of Content – TOC), das Dir die Navigation in diesem Artikel vereinfacht.

Und zuletzt spielt das Thema „Nachhaltigkeit“ eine immer größere Rolle: Immer mehr Leser:innen, aber natürlich auch Unternehmen möchten auf Papierausdrucke verzichten.

Warum sind PDFs im Web eigentlich immer noch so beliebt?

PDFs scheinen vor allem deshalb noch immer so beliebt, weil viele – fälschlicherweise – denken, dass sie schneller und einfacher erstellt werden können als eine Webseite.

Erstmal gilt jedoch: Der Content muss ohnehin erstellt werden, egal ob für ein PDF im Web oder eine Webseite. Doch der Ärger fängt dann an, wenn die Inhalte aktualisiert werden müssen. Denn dann muss zunächst das Originaldokument bearbeitet, als PDF erneut abgespeichert und anschließend an den Ort der Wahl hochgeladen werden.

Bei einer Website hingegen öffnest Du Dein Content-Management-System (CMS), änderst die Inhalte (meist in einem What-You-See-Is-What-You-Get- oder WYSIWIG-Editor) und veröffentlichst sie mit einem Klick. Wie Deine Inhalte dann aussehen wird über das Cascading Stylesheet (CSS) gesteuert, sodass Du Dir in der Regel keine Gedanken über das Layout machen musst – auch bei neuen Inhalten.

Leitfaden für die Anwendung von PDFs im Web

Vor dem Hintergrund also, dass Online-Leserinnen und -Leser keine PDFs zur Verfügung gestellt bekommen sollten: Wann haben PDFs im Web denn immer noch ihre Daseinsberechtigung? Und worauf solltest Du achten, wenn Du PDFs im Internet publizierst?

1. Finde heraus, ob User:innen den Inhalt ausdrucken müssen oder wollen

Wann immer Du PDFs im Web zur Verfügung stellst, solltest Du sicher sein, dass diese Dokumente von Deinen Nutzer:innen ausgedruckt werden müssen. Das können etwa Berichte oder Studien sein.

Am besten gehst Du dazu ins Gespräch im Sinne der User-Research oder des User-Testings. Denn nur Deine User können Dir sagen, wann sie das Bedürfnis haben, etwas ausgedruckt vor sich liegen zu haben. Wenn Deine User das Dokument nicht ausdrucken wollen, dann solltest Du ein anderes Format wählen als PDF.

2. Erstelle das Web-PDF barrierefrei

PDFs sind von Haus aus nicht barrierefrei. Du musst zusätzliche Arbeit reinstecken, um Barrierefreiheit sicherzustellen: Der Text muss etwa durchsuchbar sein, die Fonts (Schriftarten) müssen die Extraktion von Zeichen in Text ermöglichen und Formularfelder müssen als interaktiv gelabelt werden.

User sollten in der Lage sein, die Lesezeichen mit dem Keyboard zu bedienen, und die Sicherheitseinstellungen des PDFs dürfen keine Konflikte mit Screenreadern verursachen. Strukturelle Tags für die Überschriften, Absätze und Tabellen müssen so gesetzt werden, dass sie die Lesereihenfolge festlegen, und für alle Abbildungen müssen ALT-Texte hinterlegt werden. Farben dürfen nicht dazu verwendet werden, eine besondere Bedeutung zu haben, und es muss einen ausreichenden Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund geben.

3. Stelle HTML-Gateway-Seiten zur Verfügung

Gateway-Seiten sind Webseiten, die die Hauptinhalte zusammenfassen, die sonst im PDF zu finden sind. Sie ermöglichen Leser:innen, auf das Lesen des PDFs im Browser zu verzichten. Sie können also über die Gateway-Seiten die Hauptinhalte in digitaler Form lesen und sich das gesamte PDF optional herunterladen.

Die beste Usability haben Gateway-Seiten, deren Inhalt klar formatiert und strukturiert ist: Sie benennen eindeutig den Download-Link des PDFs, einschließlich der Anzahl der Seiten und der Dateigröße. Diese Infos helfen den Usern, zu entscheiden, ob sie die PDF-Datei herunterladen wollen oder nicht.

4. Überlege, ob das Web-PDF in einem neuen oder im gleichen Browser-Tab geöffnet oder ob es gleich heruntergeladen werden soll

Auch hier kann Dich User-Research dabei unterstützen, um herauszufinden, was die beste Option für Deine Nutzer:innen ist.

Wenn das PDF den Usern etwa als Anleitung dienen soll, während ein Online-Formular ausgefüllt wird, dann solltest Du darauf achten, dass es sich in einem neuen Tab oder sogar in einem neuen Browserfenster öffnet.

Wenn die User das PDF selbst nutzen, etwa als Formular, dann können verschiedene Browsertabs eher hinderlich sein, vor allem, wenn sie es mehrfach aufrufen und so „Browser-Clutter“ durch zu viele geöffnete Tabs entsteht. Außerdem können verschiedene Tabs auf mobilen Endgeräten sehr verwirrend sein.

Wenn Deine User das PDF gleich herunterladen, dann verhindert das, dass User das PDF online lesen. Andererseits sind einige User davon auch genervt, wenn sie ein PDF immer erst als Datei öffnen müssen, bevor sie es lesen können.

Das zeigt: Der Kontext für Deine User ist entscheidend. Es lohnt sich also, Zeit in User-Research zu investieren.

5. Verlinke die Gateway-Seite, nicht das PDF

Du solltest Suchmaschinen wie Google und Co. immer die Gateway-Seite indexieren lassen, nicht das PDF. Gleiches gilt auch für die interne Suche Deiner Website.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Usability darunter leidet, wenn User plötzlich in einer PDF-Datei landen, vor allem dann, wenn sie sich eigentlich nur für die eine Information auf Seite 67 interessieren.

6. Nutze die kleinst mögliche PDF-Datei-Größe ohne Qualitätsverlust

Auch wenn Bandbreiten und mobile Datenkontingente heute seltener eine Rolle spielen: Achte trotzdem darauf, dass die PDF-Dateien schnell downloadbar sind. Reduziere daher die Dateigröße, indem Du nur die Informationen einschließt, die wirklich nötig sind, und die Bildgrößen so reduzierst, dass die Bildqualität für Displays optimiert ist.

Usability-Studien von Intranet- und Unternehmensseiten zeigten, dass Teilnehmende das Vertrauen in die Informationen verloren, wenn sie auf alte PDFs stießen. In manchen Fällen nahmen sich die Personen sogar die Zeit, nach neueren Versionen zu suchen, um zu prüfen, ob die Informationen korrekt waren.

Deshalb: Archiviere oder entferne alte PDF-Versionen, und achte darauf, dass andere Quellen immer auf die neueste Version des PDFs verlinken.

Wenn aus irgendwelchen Gründen doch auch die alte PDF-Version online bleiben muss, dann achte darauf, dass deutlich und lesbar klar wird, welche Version die aktuellste ist.

8. Biete mehrere Formate an – nicht nur PDF

Lasse den Nutzerinnen und Nutzern die Wahl, wie sie Deinen Content konsumieren möchten und beschränke die Auswahl nicht nur auf das PDF.

Überlege, ob etwa eine Audio-Version Deinen Usern von Nutzen sein könnte oder eine Version, die für E-Reader (epub) formatiert wurde.

Fazit

PDFs sind im Web eher selten die beste Wahl. Überlege daher sehr gut, in welchem Format Du Deinen Userinnen und Usern Deine Inhalte zur Verfügung stellen möchtest.

Quellen: Jakob Nielsen & Anna Kaley: Avoid PDF for On-Screen Reading

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